1) Welche Filterklassen gibt es in der Reinraumtechnik?
2) Wie funktioniert ein ULPA-Filter?
3) Wann muss ein Filter getauscht werden?
1) Welche Filterklassen gibt es in der Reinraumtechnik?
Für die Planung und Auslegung einer Klimalüftungsanlage im Reinraum ist ein durchdachtes Filtersystem entscheidend. Dabei kommt in der Regel eine mehrstufige Filterung zum Einsatz – mit dem Ziel, die Luft Schritt für Schritt von Grob- bis zu Schwebstoffen zu reinigen.
Warum? Ganz einfach: Je höher der Abscheidegrad eines Filters, desto empfindlicher und teurer ist er. Durch eine gezielte Staffelung der Filterklassen können die besonders feinen Endfilter geschont und ihre Lebensdauer verlängert werden.
Typischer Aufbau einer 3-stufigen Filterung
Bei einer Standard-Konfiguration wird die Luft in drei Schritten gefiltert – vom Groben zum Feinen:
- 1. Filterstufe: Grobfilter (G-Filter)
- Einsatz im Frischluftkanal
- Filtert größere Partikel wie Pollen, Staub und Fasern
- Ziel: Schutz der Anlage und nachgeschalteten Filter
- 2. Filterstufe: Feinstaubfilter (F- oder ePM-Filter)
- Befindet sich im Klima-Lüftungsgerät
- Filtert kleinere Partikel wie Feinstaub und Rauchpartikel
- Dient der weiteren Entlastung des Endfilters
- 3. Filterstufe: Schwebstofffilter (H- oder U-Filter)
- Endständige Filter an der Reinraumseite, z. B. in den FFUs (Fan Filter Units)
- Filtert ultrafeine Partikel (z. B. Bakterien, Aerosole)
- Hier entscheidet sich maßgeblich die Reinraumklasse
Warum ist die mehrstufige Filterung so wichtig?
- Schutz der hochwertigen Endfilter: Grob- und Feinstaubfilter fangen die groben Partikel ab, damit der teure Schwebstofffilter nicht vorschnell zugesetzt wird.
- Wirtschaftlichkeit: Durch die gestaffelte Filterung sinken die Betriebskosten, da die Endfilter seltener gewechselt werden müssen.
- Sicherstellung der Reinraumqualität: Nur mit einer optimal abgestimmten Filterkette lässt sich die geforderte ISO- oder GMP-Klasse zuverlässig einhalten.
Wichtiger Hinweis: Zertifizierung ab Filterklasse H13
Ab der Filterklasse H13 gelten besonders strenge Anforderungen:
- Es muss einzeln geprüft und nachgewiesen werden, dass der Filter den geforderten Abscheidegrad erfüllt.
- Die Prüfung erfolgt nach EN 1822.
- Jeder Filter erhält ein eigenes Zertifikat, inklusive Nachweis der Leckfreiheit.
Übersicht der Filterklassen in der Reinraumtechnik
Filterstufe | Norm | Typische Klassen | Partikelgröße | Einsatzort |
Grobfilter | EN ISO 16890 | ISO Coarse > 60% | > 10 µm | Frischluftkanal |
Feinstaubfilter | EN ISO 16890 | ISO ePM1 / ePM2.5 / ePM10 | 1–10 µm | Klimalüftungsgerät |
Schwebstofffilter | EN 1822 | H13, H14, U15–U17 | < 1 µm | Reinraumseite / FFU |
2) Wie funktioniert ein ULPA-Filter?
ULPA-Filter (Ultra Low Penetration Air) gehören zur Familie der Schwebstofffilter, die für höchste Reinheitsanforderungen entwickelt wurden. Entwickelt für maximale Sicherheit, filtert er selbst winzigste Partikel zuverlässig aus der Luft.
Was ist ein ULPA15-Filter?
ULPA steht für Ultra Low Penetration Air. Im Vergleich zu den bekannten HEPA-Filtern haben ULPA15-Filter eine noch feinere Struktur und erreichen eine extrem hohe Abscheideleistung:
- Abscheidegrad: 99,9995 %
- Partikelgröße: 0,1–0,2 Mikrometer
- Zulassung: Für alle ISO-Reinraumklassen (1–9) sowie GMP-Bereiche
Das bedeutet: Von einer Million Partikeln schaffen es maximal fünf durch den Filter – und das bei Partikeln, die kleiner sind als ein Bakterium.
Wo kommen ULPA15-Filter zum Einsatz?
Durch ihre extreme Leistungsfähigkeit eignen sich ULPA15-Filter besonders für Reinräume mit höchsten Anforderungen, z. B.:
- Halbleiter- und Mikrochipproduktion
- Optik- und Lasertechnologie
- Pharmazeutische und biotechnologische Anlagen
- Medizinische Fertigung (z. B. Implantate)
Wie funktioniert die Filtration?
ULPA15-Filter bestehen aus feinen Glasfaserlagen, die mehrfach gefaltet und geschichtet sind. Sie kombinieren mehrere physikalische Filtermechanismen:
1. Siebeffekt
Größere Partikel (> 10 µm) können die feinen Poren des Filters nicht passieren und werden mechanisch zurückgehalten. Die Partikel werden durch den Faserabstand im Verhältnis zum Partikeldurchmesser zurückgehalten, d.h. sie passen einfach nicht durch die engen Poren des Filtermediums.
2. Trägheitseffekt
Die Masse des Partikels (>1 µm) ist so groß, dass er zu träge ist, um der Strömungslinie um die Faser zu folgen und deshalb auf die Faser des Filtermediums prallt und dort hängen bleibt. Dieser Effekt verstärkt sich mit zunehmender Luftgeschwindigkeit, größeren Partikeln und kleinerem Faserdurchmesser.
3. Sperreffekt
Ein kleiner Partikel wird in seiner Stromlinie so nahe an die Faser herangeführt, dass er mit ihr kollidiert und hängen bleibt. Es werden hauptsächlich Partikel mit einer Größe von 0,1 bis 3 µm abgeschieden. Der Effekt ist umso besser, je mehr feine Filterfasern mit dem gleichen Durchmesser wie der abzuscheidende Partikel vorhanden sind. Der Effekt der Faseranziehung wird verstärkt, wenn die Filterfasern zusätzlich elektrostatisch aufgeladen werden.
4. Diffusionseffekt
Ultrafeine Partikel (<1 µm) bewegen sich unkontrolliert durch Brownsche Molekularbewegung – also mikroskopische Zitterbewegungen. Dadurch stoßen sie eher mit Fasern zusammen und bleiben dort haften. Die Zitterbewegung entsteht durch ständige Zusammenstöße mit umgebenden Gasteilchen.
Kombination der Effekte = ULPA-Performance
Alle vier Mechanismen wirken zusammen. Der „kritischste“ Punkt ist die MPPS (most penetrating particle size) – die Partikelgröße, die am schwierigsten zu filtern ist. Der Abscheidegrad bei dieser Größe bestimmt die Filterklasse.
Durch die Kombination dieser Mechanismen können ULPA15-Filter selbst kleinste luftgetragene Schadstoffe wie Viren, Bakterien, Aerosole und Nanopartikel effizient abscheiden.
3) Wann muss ein Filter getauscht werden?
Filter sind das Herzstück jeder Reinraumlüftung. Sie schützen Prozesse, Produkte und Menschen vor Partikeln, Keimen und anderen Verunreinigungen. Doch irgendwann ist Schluss – dann muss der Filter gewechselt werden. Aber wann genau?
Warum Filter nicht ewig halten
Mit der Zeit lagern sich immer mehr Partikel im Filtermaterial ab. Dadurch steigt der Differenzdruck – also der Druckunterschied vor und hinter dem Filter. Interessanterweise nimmt dadurch auch die Abscheideleistung etwas zu – doch das hat seinen Preis: höherer Energieverbrauch und mögliche Beeinträchtigung der Luftmenge.
Drei klare Indizien für den Filterwechsel:
- Mechanische Beschädigung
Risse, Löcher oder Druckstellen beeinträchtigen die Funktion und stellen ein Risiko dar. - Erreichen der Standzeit
Jeder Filter hat eine definierte Lebensdauer – abhängig von Typ und Einsatzort. - Enddruckverlust erreicht
Der empfohlene maximale Druckverlust des Filterherstellers ist erreicht – ein klares Signal für den Tausch.
Empfohlene Standzeiten im Überblick
Filterstufe | Empfohlene maximale Standzeit | Hinweise |
1. Filterstufe (Grobfilter) | 12 Monate | Kann durch Pollen, Insekten oder Laub früher zusetzen |
2. Filterstufe (Feinstaubfilter) | 24 Monate | Je nach Umgebungsluft und Betriebsdauer |
3. Filterstufe (Schwebstofffilter) | 3–5 Jahre (je nach Risikoanalyse) | Austausch nur bei Bedarf oder Risiko empfohlen |
Schwebstofffilter – Sonderfall mit Risikobewertung
Der Tauschzeitpunkt für Schwebstofffilter (z.B. HEPA 14 oder ULPA 15) hängt stark vom Einsatzbereich ab. Hier kommt oft eine Risikoanalyse ins Spiel:
- Besteht die Möglichkeit, dass sich abgeschiedene Mikroorganismen (z. B. Bakterien, Viren) im Filter vermehren?
- Könnte dies zu einem Keimdurchbruch auf die Reinraumseite führen?
Falls ja, sollte der Filter vorzeitig, also nach festgelegter Laufzeit, getauscht werden – meist nach 3 bis 5 Jahren.
Ist das mikrobiologische Risiko gering, kann der Filter bis zum Erreichen des Enddruckverlusts weiterverwendet werden.
Regelmäßige Prüfung nach ISO 14644-3
Im Rahmen der routinemäßigen Reinraumqualifizierung wird u. a. die Luftgeschwindigkeit und die damit geförderte Luftmenge gemessen. Diese Werte dienen auch zur Beurteilung, ob die Filter noch ihre volle Leistung bringen – und helfen beim frühzeitigen Erkennen eines notwendigen Tauschs.
Fazit:
Ein Filterwechsel ist keine Bauchentscheidung, sondern hängt von klaren technischen und hygienischen Kriterien ab. Wer regelmäßig prüft, die Standzeiten beachtet und auf Warnsignale wie Druckverlust achtet, ist auf der sicheren Seite – für einen dauerhaft sicheren und leistungsfähigen Reinraum.